Beziehen die abrahamitischen Religionen ihre Ursprünge aus Sumer?
Unsere literarische Reise in diesem Monat führt uns in die Vergangenheit, beleuchtet durch archäologische Forschungen. Das Buch heißt Prophet Abraham und wurde von Muazzez İlmiye Çığ verfasst.
Veröffentlichungsdatum: 2. April 2025
Die Sumerologin Muazzez İlmiye Çığ untersucht in diesem Buch das Thema Prophet Abraham, das in der Tora, der Bibel und dem Koran erwähnt wird. Sie betrachtet das Thema anhand archäologischer Funde, Keilschriftquellen und ägyptisch-kumranischer Texte und vergleicht sie miteinander. Einige der Fragen, die im Buch untersucht werden, sind: Wer war Abraham? Warum und wie wurde er zum Vorfahren der Juden, Christen und später der Muslime? Welche Quellen gab es vor der Tora über ihn, seine Kinder und seine Nachkommen? Gibt es Verbindungen zu den Sumerern?
Muazzez İlmiye Çığ analysiert in diesem wichtigen Werk insbesondere die Verbindungen zwischen Abraham und den Sumerern sowie den Kulturen, die von ihnen beeinflusst wurden.
Kapitel 1: Wie wurde aus Abram Abraham?
In der Tora werden die Geschichten von Abraham und seinen Kindern ausführlich erzählt. Sie beschreibt, wie er seine Frau dem Pharao vorstellte und daraufhin wohlhabend wurde, sowie seine Kinder von verschiedenen Frauen. Diese Erzählungen enthalten moralisch fragwürdige Ereignisse wie Ehebruch, inzestuöse Beziehungen, Mord, Eifersucht und Betrug.
Im 18. Jahrhundert entfernten christliche Geistliche diese Abschnitte aus den Kinderbibeln und überarbeiteten Abrahams Geschichte. Im Koran wurde die Erzählung ebenfalls überarbeitet und erhielt eine völlig neue Wendung: Abraham zerstört die Götzen im Tempel, um den Götzendienern den richtigen Weg zu zeigen. Daraufhin wird er ins Feuer geworfen, doch Gott verwandelt das Feuer in Wasser und die Holzscheite in Fische. Im Koran liegt der Schwerpunkt darauf, dass Abraham ein Monotheist war und der Vorfahre der Muslime.
Kapitel 2: Die Widersprüche in Abrahams Leben
Abraham soll im 2. Jahrtausend v. Chr. gelebt haben. Allerdings gibt es außerhalb der Tora keine archäologischen oder schriftlichen Belege für seine Existenz. Archäologische Funde zeigen, dass die in der Tora genannten Städte zu Abrahams Zeit noch nicht existierten. Zudem wurden in südlichen Küstenregionen Palästinas ägyptische Artefakte gefunden, die darauf hindeuten, dass diese Gebiete unter ägyptischer Kontrolle standen.
Die fünf Bücher Mose, die nach dem babylonischen Exil verfasst wurden, enthalten Spuren verschiedener semitischer Stämme, die das Volk Israel bildeten. Die Geschichten über die Schöpfung, die Sintflut und den Turmbau zu Babel stammen jedoch aus sumerischen Mythen.
Kapitel 3: Abrahams wahre Identität
Muazzez İlmiye Çığ kommt zu dem Schluss, dass der Abraham-Mythos aus sumerischen Mythen abgeleitet und monotheistisch umgestaltet wurde. Die jüdische Geschichte beginnt mit Abrahams angeblicher Kommunikation mit Gott. Ohne Abraham gäbe es kein Judentum. Doch anfangs hatten die Juden kein Konzept eines einzigen Gottes. Ihre Religion war von primitiven Vorstellungen geprägt: Götter lebten in Palästen am Himmel, sprachen direkt mit Menschen und stiegen auf Leitern auf und ab.
Der Übergang zum Monotheismus dauerte lange, und selbst im 3. Jahrhundert v. Chr., als die Tora fertiggestellt wurde, war der sumerische Fruchtbarkeitskult noch präsent.
Kapitel 4: Warum wurde die sumerische Mythologie als Abraham-Mythos neu interpretiert?
Der Abraham-Mythos wurde in jeder abrahamitischen Religion überarbeitet. Sumerische Mythen waren zu jener Zeit tief in der Kultur verwurzelt, sodass die Verbreitung des Monotheismus schwierig war. Die Gründer des Judentums passten eine bekannte Erzählung an, entfernten die polytheistischen Elemente und schufen eine neue Geschichte, die Abraham als einen starken monotheistischen Anführer darstellte.
Heute, da sumerische Tontafeln entdeckt wurden, wissen wir, dass diese Geschichte ursprünglich aus Sumer stammt. Der Monotheismus existierte zu Abrahams angeblicher Zeit noch nicht. Die Vorstellung, dass Gott Abraham und sein Volk zur Wahrheit geführt habe, stärkte die religiöse Erzählung – doch genau hier liegt der Widerspruch.
Warum ist Abraham eine wichtige Figur?
Die Tatsache, dass die Ursprünge der in den abrahamitischen Religionen erzählten Geschichten – insbesondere die von Noah und Abraham – in sumerischen Mythen liegen, zeigt, dass diese Religionen nichts anderes als Fortsetzungen dieser Mythen sind. Die Behauptung, dass sich die abrahamitischen Religionen von anderen Mythen durch ihre monotheistische Wahrheit unterscheiden, verliert dadurch an Glaubwürdigkeit.
Deniz Boyraci / Literaturzeitung / April 2025 / Ausgabe 27
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